Ich hatte mal eine Arbeitskollegin. Susanne war eine der wenigen im Büro mit Kind. Sie wirkte eigentlich sehr organisiert, wusste immer, was auf ihrem Schreibtisch lag und versuchte alles sehr penibel abzuarbeiten. Doch war sie mal nicht da und man suchte etwas auf ihrem Schreibtisch, fielen einem haupsächlich viele, viele nur angefangene Vorgänge in die Hände. Susanne war trotz Halbtagsjob dauerhaft gestresst, nervös und wenn der Arbeitsalltag mal vom Schema F abwich, musste man stets Angst haben, dass sie kurz vorm Durchdrehen war. Viele Kollegen rollten mit den Augen, wenn sie sich mal wieder von einer klitzekleinen Kleinigkeit aus der Ruhe bringen ließ.
Seit einigen Monaten muss ich immer wieder an Susanne denken. Nach fast fünf Jahren mit viel Familie und wenig Job bekomme ich irgendwie nix mehr gebacken. Mehr als zwei Termine am Tag stressen mich. Ich bin unfähig darin geworden, eine Sache von Anfang bis zum Ende durchzuziehen, ohne mich ständig ablenken zu lassen. Meine Konzentrationsfähigkeit ist so unterirdisch, dass mir nicht mal etwas zum Vergleich einfällt. Dabei dachte ich doch, wenn beide Kinder in der Kita sind, würde hier so richtig die Post abgehen und ich könnte ToDo-Listen im Akkord abhaken. Stattdessen war ich die ersten zwei Monate fast jeden Tag enttäuscht von mir selbst, weil ich mich nur im Kreis drehte.

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