Alltag zwischen Kindern, Küche & Konferenzen: Jammern Eltern in der Coronakrise zu viel? #coronaeltern

Wer sich Beiträge der klagenden #coronaeltern im Netz ansieht, bekommt schnell den Anschein, Eltern seien im Augenblick nur am Nörgeln und Jammern. In den Kommentaren hagelt es neben Dankesbekundungen von Gleichgesinnten daher immer auch Kritik – mal mehr, mal weniger konstruktiv und leider oft komplett daneben. Auch nach meinem Interview mit der Landeszeitung in der vergangene Woche gab es neben diversem positiven Feedback einige Rückmeldungen der letzteren Kategorie. Also habe ich nachgedacht.

Jammern Eltern in der Coronakrise zu viel?

Was mir bei fast allen Beiträgen der #coronaeltern auffällt: Die negativen Kommentare beschränken sich fast immer auf die gleichen Kernaussagen.

coronaeltern, Familienleben, Muttergefühle, Leben mit Kindern,

„Dir geht es doch noch gut im Vergleich zu x oder y.“

„Warum hast du überhaupt Kinder bekommen, wenn sie dir so eine Last sind?“

Und natürlich ganz vorne dabei der Vergleich:

„Früher…. also damals… im Krieg zum Beispiel…“

WOW!

Mehr kann ich dazu kaum sagen. Zum einen über meine eigene Blödheit, überhaupt noch Kommentare bei Facebook und co zu lesen. Außerdem über diese immer gleichen, impulsgesteuerten und unreflektierten Kritiken ohne Mehrwert.

11 Mio. Familien – eine Vielzahl von unterschiedlichen Problemen in der Coronakrise

Es leben über 11 Millionen Familien in unterschiedlichsten Konstellationen in Deutschland. Paare, Alleinerziehende, getrennt lebend aber gemeinsam erziehende Eltern, Selbstständige mit Existenzängsten, Angestellte mit und ohne Homeoffice-Möglichkeit, Double Income, Single Income, ein Kind oder mehr, große und kleine Altersunterschiede bei den Kindern, mit Homeschooling oder nicht, Kinder mit besonderem Förderbedarf, Angehörige der Risikogruppe und einfach unterschiedlich gestrickte Menschen. Eltern wie Kinder. Dementsprechend ungleich sind auch die Probleme, die sich für jede einzelne Familie aus der aktuellen Situation ergeben.

Wer bitteschön entscheidet denn nun, welches Jammern gerechtfertigt ist und welches nicht? Ist aktuell derjenige privilegiert, der einen Kitaplatz hat und wieder arbeiten kann oder die Familien, deren Kinder noch zu Hause bleiben? Wer darf laut werden und wer soll die Klappe halten, wenn die Lebensbedingungen von uns allen doch so unterschiedlich sind?

Kathrin Borghoff sagte in ihrer Lesung zum Buch Hochsensibel Mama sein „neulich“ etwas, das mich seitdem nicht loslässt.

Es ist nicht in Mode hochsensibel zu sein. Aber es ist sehr wohl in Mode, darüber zu sprechen.

Und ich glaube diese Worte kann man auf so viele Lebenssituationen anwenden.

Es ist nicht plötzlich in Mode überfordert zu sein und als Eltern an die persönlichen Grenzen zu stoßen. Aber es ist angesagter denn je über diese Gefühle zu sprechen.

Das war bei Oma damals einfach noch nicht der Fall.

Jammere ich also zuviel? NEIN. Ich spreche über meine Gefühle und die sind vielfältig. Tatsache! Ich kann mehrere Dinge fühlen. Sogar gleichzeitig. Und das vergessen viele leider. Ich kann dankbar für meine Kinder sein, sie über alles lieben UND trotzdem oder gerade deswegen Sorgen und Ängste empfinden. Ich darf diese Gefühle zulassen und muss mich nicht an den Gedanken klammern, dass andere noch schlechter dran sind. Ich kann öffentlich über diese Sorgen, Ängste und meine emotionale Überforderung sprechen, ohne dass man die Liebe zu meinen Kindern oder meine Kompetenz als gute Mutter gleich in Frage stellen muss.

Ich werde also weiterhin über mein Gefühlschaos schreiben. Und ich werde weiter daran arbeiten, mir die Meinungen von Menschen, die mich überhaupt nicht kennen, nicht zu Herzen zu nehmen. Denn eigentlich weiß ich genau, dass wir jammernden Eltern diesen Menschen weit voraus sind, indem wir Gefühle zulassen, annehmen und über sie sprechen. Es hilft! Es motiviert zum Durchhalten! Es sorgt dafür, dass sich etwas ändert, wenn wir es gemeinsam tun. Glaubt ihr wirklich irgendeine Kita hätte vor den Sommerferien geöffnet, wenn alle Eltern mucksmäuschenstill geblieben wären?

Also jammerst du weiterhin mit mir, wenn es nötig ist? Und wunderst dich nicht, dass ich gleichzeitig darüber schreibe, wie sehr ich in meine Familie verliebt bin?

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