Daumen adé – Wie wir dem sensiblen Kind das Nuckeln abgewöhnen

„Erkläre deinem Kind, dass es damit aufhören muss.“ lese ich irgendwo. Ich bin mal wieder auf der Suche nach Tipps, die uns dabei helfen sollen ein schweres Laster abzugewöhnen. Das Daumennuckeln von Smarti. Schon seit langem überlegen papAhoi und ich, wie wir dieses „Problem“ bloß in den Griff bekommen sollen. Viele Leute meinten, es würde sich mit der Zeit schon von allein regeln. Doch mit 4 Jahren nuckelt das Kind noch immer bei jeder Gelegenheit und jegliche Versuche sie davon abzubringen endeten mit Streit, Wut, einem weinenden Kind, verzweifelten Eltern und weiterem Hinauszögern des Vorhabens. Aber natürlich holt uns die Frage immer wieder ein.

Also zurück zu meiner Suche im Netz. „Achso. Na klar. Logisch.“ denk ich nur. Welche Argumente eine Vierjährige überzeugen, ohne dass ich ihr eine Heidenangst einjage, steht dort aber leider nicht. Dass die Zähne schief werden und der Kiefer sich verformt, ist zwar zutreffend, doch für das Kind noch genauso egal, wie dem Raucher die Info über mögliche Folgeschäden auf der Kippenpackung. Oder habt ihr da andere Erfahrungen?

Daumenlutschen abgewöhnen, schnullern, nuckeln

Für mich war eigentlich immer klar, dass Methoden wie bittere Tinkturen auf dem Nuckeldaumen, Verbinden gegen ihren Willen oder das Erzählen von schaurigen Geschichten nicht in Frage kommen, um ihr das Daumenlutschen abzugewöhnen. Leider sorgt genau dies auch dafür, dass wir lange ratlos sind, wie wir dann an die Sache herangehen sollten.

Wie sich aber herausstellt, müssen wir erst einmal auf den richtigen Zeitpunkt warten, um unser Projekt “ Daumenfrei“ zu starten. Ich mache einen Termin beim Kinderzahnarzt aus und bitte darum, dass wir uns an dem Tag speziell dem Thema Daumen widmen. Auch dort hört Smarti noch einmal all unsere gepredigten Argumente. Doch scheinbar ist es etwas anderes, weil nicht wir sondern eine Ärztin ihr dazu rät. Die zusätzlichen Begründungen wie schweres kauen (abbeißen) mit einem verformten Kiefer und die höhere Gefahr bei Fallen mit herforstehenden Schneidezähnen finde ich außerdem noch viel wichtiger und einleuchtender als die bisherige Standardaussage „Das sieht dann doch nicht schön aus.“ Es beschäftigt auch Smarti nun länger und wir reden von da an oft darüber, dass nun bald Schluss mit dem Nuckeln ist.

Warum nicht sofort? Die Ärztin meinte zwar, dass wir es schleunigst abstellen sollten, sie sagte jedoch erstmals etwas, was ich vorher zwar bereits gespürt aber bei keinen Tipps im Netz gelesen habe. „Das wird anstrengend für alle. Nehmen Sie sich Zeit, wählen Sie einen Zeitpunkt, an dem es für die Familie passt. Wenn alle emotional stabil sind und Sie das Kind bestmöglich unterstützen können.“

Wir beschließen, in den Herstferien damit anzufangen. Vorher versuchen wir tagsüber lediglich mal daran zu erinnern, dass der Daumen ja schon wieder im Mund ist. Und siehe da. Plötzlich bekommen wir keinen Wutanfall mehr als Antwort sondern ein „Uupsi.“ Von Tag zu Tag wird das Kind motivierter und bereits eine Woche vor den Herbstfereien probieren wir das abendliche Einschlafen ohne Daumen.

Seitdem sind ca. sechs Wochen vergangen und so hat sich unser Plan bisher entwickelt.

Zunächst haben wir uns darauf konzentriert, Smartis Reflex, dass der Daumen sofort in den Mund gesteckt wird, sobald sie ihren Teddy oder etwas anderes Weiches anfasst, abzustellen. Haben wir sie anfangs beim schnullern erwischt, dann wurde nicht mit ihr gemeckert, sondern gemeinsam mit dem Daumen geschimpft, der immer wieder heimlich in den Mund wandert. Das fand sie sogar ganz lustig. Wir haben gekuschelt oder waren einfach mehr in ihrer Nähe, wenn sie tagsüber mal einen Tiefpunkt hatte. Smartis Bedürfnis nach Zuwendung und Kuscheln ist im Augenblick besonders stark. Ihre Zündschnur hingegen ist auffällig kurz. Ob das nun eine dieser Phasen ist und eh grad angesagt wäre oder mit der Daumenabstinenz zu tun hat: KEIN PLAN! Der Gedanke, dass es daran liegen könnte, hilft mir jedenfalls dabei etwas gelassener und aufmerksamer ihr gegenüber zu sein.

Das Einschlafen ohne Daumen mit Begleitung eines Erwachsenen hat bisher erstaunlicherweise sehr gut geklappt. Einziges Manko: Sie quatscht einem im Bett noch die Ohren voll und man muss öfter mal sagen, dass sie jetzt wirklich mal zur Ruhe kommen muss. Das hat der Daumen früher für uns geregelt.

Nach einiger Zeit ist uns aufgefallen, dass der Daumen im Dämmerschlaf am frühen Morgen stets von allein in den Mund wandert. Dagegen gibt es jetzt jeden Abend – mit Smartis Einwilligung – einen Daumenfreund (Pflaster mit Gesicht aufgemalt), eine Daumengarage, die Daumenpolizei oder ein Daumenbett (alles Verbänder, in die der Daumen gewickelt wird) und was den phantasievollen Eltern noch so einfällt.

Auf langweiligen Autofahrten hilft ein Kaugummi im Mund, um gar nicht erst auf die Idee zu kommen, zu nuckeln. Dies war allerdings eine eher zufällige Entdeckung und natürlich gibt es sowas nicht bei jeder Tour oder soll zur Gewohnheit werden. Kurzfristig finde ich die Alternative aber ganz ok.

Dem Erzieher-Team in der Kita haben wir in Smartis Beisein erklärt, dass wir gerade versuchen, das Daumenlutschen loszuwerden und dass Smarti zwar sehr motiviert ist, aber ab und an nochmal eine Erinnerung braucht.

Eine Baustelle, die bisher bleibt: Seitdem ihr klar wird, dass sie eigentlich komplett, für immer und ewig mit dem Nuckeln aufhören soll, verzieht sie sich manchmal heimlich um ihr Bedürfnis zu stillen. Dann fällt es mir wirklich schwer ruhig zu bleiben. Ich denke dann schnell, dass alles umsonst war und stehe wieder planlos wie am Anfang da. Mehr als gut zureden ist mir da bisher noch nicht eingefallen und nun bin ich am überlegen, ob eine besondere Belohnung für eine bestimmte „daumenfreie Zeit“ helfen würde. Dies hat die Zahnärztin vorgeschlagen. Da ich aber von Belohnungen eigentlich genausoviel halte wie von Bestrafungen, nämlich gar nichts, habe ich diese Idee bisher immer wieder verworfen. Was meint ihr?

Habt ihr auch Erfahrungen mit dem Thema und vielleicht noch wertvolle Tipps?

5 Gedanken zu “Daumen adé – Wie wir dem sensiblen Kind das Nuckeln abgewöhnen

  1. Vielleicht beruhigt es dich ja, dass ich selbst Daumenlutscher war bis in die 3. Klasse (da natürlich nur noch zum Einschlafen oder beim Lesen von Büchern zu Hause) und ich habe NIE eine kieferorthopädische Behandlung gebraucht. Einfach entspannt sein. Smarti wird bestimmt auch irgendwann damit aufhören. Unsere große Tochter hat mit dem Schnuller auch erst im Sommer aufgehört und wurde letzte Woche 5… LG

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  2. Danke für die vielen phantasievollen Tipps! Unser Sohn nuckelt ebenfalls noch mit 3 1/2 Jahren zum Einschlafen oder bei großer Aufregung am Daumen. Die Kinderzahnärztin, die sonst eigentlich sehr lieb ist, hat Nagellack oder Fäustlinge empfohlen – aber das möchte ich gern verhindern. Wir werden eure Tipps auf jeden Fall ausprobieren.

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  3. Deine Tipps hören sich toll an!! Das werden wir ausprobieren. Vom Nagellack etc.halten wir auch nicht viel und wird bei unserer Daumen-Maus nicht viel bringen.
    Zwei Fragen: Hat eure Maus nachts die Daumen-Garage (Pflaster) nicht einfach abgelöst? Im Halbschlaf sieht es doch immer ganz anders aus.

    Wie lange hat es gedauert bis sie „daumenfrei“ war?
    Ich würde mich über eine Antwort freuen. Unsere Maus ist 4 Jahre und hat schon eine deutliche Fehlstellung der Zähne.
    Liebe Grüße

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    • Hallo, mittlerweile ist meine Tochter acht und wir mussten uns noch länger gedulden, bis das Thema ganz vom Tisch war. Tagsüber ging es einfach irgendwann. Das hat dem Kiefer schon sehr geholfen. Nachts haben wir, als die ersten Wackelzähne ausgefallen sind, dann doch (mit Einverständnis des Kindes) diesen Lack gaaaanz dezent auf das Pflaster gemacht. Auf den Fingern ist das Zeug einfach zu eklig. Im Schlaf hat sie so sofort den Daumen aus dem Mund genommen. Bis auch der Reflex irgendwann weg war. Ich glaub, wir waren erst kurz nach Schulbeginn so richtig weg vom Daumen.

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    • Achso, und zum ablösen: erstmal war zum einschlafen wichtig, dass das Pflaster dran ist. Als das klappte, hat sie morgens manchmal heimlich das Pflaster abgemacht. Da war sie dann aber ja schon in einem Alter, wo klar war, dass sie das ganz bewusst macht und man mit reden schon was bewirken konnte.

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