Ich will noch nicht. Nur noch fünf Minuten. Ich glaub, ich bin heute krank. All dies möchte ich dem Mann entgegenmaulen, als er mich am frühen Morgen zum aufstehen bewegen möchte. Heute ist nun also der große Tag. Unser erster Tag in der Kinderkrippe. Ab sofort verlaufen meine Tage wieder nach einem Plan. Aufstehen, fertig machen, Kind wecken. Das besagt mein Plan als nächstes.
Ich ziehe dem Kind vor dem Frühstück schon das Outfit für die Kita an. Schließlich soll es danach schnell aus dem Haus gehen… Als hätte ich in den letzten Monaten rein gar nichts über mein Kind gelernt… 5 Minuten vor der geplanten Abfahrt krame ich natürlich im Wäschetrockner um das in Milch gebadete Kind vor der Abfahrt noch einmal umzuziehen.
Tag 1 ist wenig spektakulär. Viel gucken, von Mamas Schoß die ganz Mutigen beobachten und ab und zu mal ein Spielzeug ausprobieren. Erst als das Zauberwort „Essen“ erklingt, ist das Kind plötzlich von meinem Schoß verschwunden, sitzt mehr als einen Meter von mir entfernt mit den Erzieherinnen am Tisch und lässt sich eine Portion nach der anderen servieren. Danach spielt sie kurz allein und schon singen wir alle zum Abschied.
Vor dem zweiten Tag bin ich noch aufgeregter als am Vortag. Mir ist klar geworden, dass nun jeder Zeit das böse Wort fallen könnte, sobald das Kind weiter auftaut und sich sichtlich wohl fühlt… „TRENNUNG“. Und siehe da. Dem Kind scheint das Gleiche eingefallen zu sein, denn es weicht an Tag 2 keinen Meter von meiner Seite. Wird es von anderen angesprochen, füllen sich die großen Kulleraugen vor lauter Überforderung rasend schnell mit Tränen. Das Essen schmeckt zwar wieder hervorragend, allerdings nur direkt neben Mami sitzend. Wir verlassen die Gruppe heute überpünktlich und ich weiß nicht genau, was ich von dem Tag halten soll. So hab ich mir das nun auch nicht gewünscht.
Vor Tag 3 werde ich kurz von den Erziehern informiert, dass man vorhabe die kleine Angsthäsin einfach in Ruhe zu lassen und zu warten, bis ihr vor lauter Neugier nichts anderes mehr übrig bliebe als ihre Scheu zu überwinden. Keine fünf Minuten später ist dies der Fall. Ein tiefer Seufzer bevor wir den Gruppenraum betreten und schnurstracks steuert sie das Spielzeug ihrer Wahl an. Sie nimmt die Hilfe der Erzieherinnen an und als endlich wieder von Essen die Rede ist, verlässt sie sogar mit einer der Damen an der Hand den Raum um Brot aus der Küche zu holen. Die Erzieherin bittet mich, nach dem Frühstück doch ein paar Minuten den Raum zu verlassen und ich verabschiede mich brav aber etwas nervös von meinem Kind. Als ich nach einem Kaffee aus der Küche im Erwachsenenklo stehe, sehe ich im Spiegel eine grinsende Frau, die mit den Tränen kämpft. Ich bin so stolz auf mein Mädchen und gleichzeitig so unendlich traurig. Die Vorstellung, in ein paar Tagen auch noch den Weg allein nach Hause anzutreten, verdränge ich lieber schnell. Ich höre ein leises aber mir sehr bekanntes Fiepen, als ich wieder im Flur vor dem Gruppenraum stehe. Bei den Worten „MAMA?“ stürze ich zurück in den Raum und werde sichtlich erleichtert und überschwänglich begrüßt. Und auch ich habe das dringende Bedürfnis, sie einen kleinen Moment länger festhalten als gewohnt.
Bis zum Wochenende haben wir es bereits satte 45 Minuten am Stück getrennt voneinander ausgehalten. Im Kindergarten jedenfalls. Zu Hause ist unsere gemeinsame Zeit dafür umso intensiver. Ich bin sehr stolz auf uns beide und bin gespannt wie es in der kommenden Woche weitergeht.
Habt ihr diese Prozedur auch bald vor euch und wärst du dankbar für ein paar Tipps? Hier kommen meine ganz persönlichen!
- Nimm dir etwas zur Beschäftigung mit. Ich habe es endlich mal geschafft den Leserückstand meines Zeitschriften-Abos aufzuholen. Wenn ich beschäftigt war, hatte ich nicht ständig das Bedürfnis mich bei jedem Mucks des Kindes einmischen zu wollen.
- Mach dich unsichtbar! Wenn ich das Geschehen gar nicht beobachte, dann läuft meistens alles bestens. Sobald ich aufmerksam bin, will das Kind viel lieber mit mir spielen und mir all die vielen, neuen Sachen zeigen.
- Sei ehrlich zu dir selbst. Ich habe mir wohl etwas zu lange vorgemacht, dass ich die entspannteste Mutter in der Eingewöhnungsphase sein würde. Wäre mir früher klar gewesen, dass es auch für mich nicht leicht wird, dann hätte ich schon früher heulend auf dem Klo sitzen können und diese Trennungsängste so richtig genießen können. Ooooder ich hätte den Mann einfach nur nicht mit meinen plötzlichen Gefühlsausbrüchen überfordert und wir hätten meine Emotionen bis zum KITA-Start in den Griff bekommen.
- Gib euch Zeit. Ein anderes Kind nimmt am ersten Tag den ganzen Raum in Beschlag, zeigt keinerlei Scheu und ignoriert den beisitzenden Elternteil komplett? Dein Kind klebt jedoch an dir wie Kaugummi? Na und! Dann genießt du halt eine Woche länger das gratis Frühstück in netter Runde. Dies ist kein Wettkampf und dein Kind wird es dir danken, wenn du es nicht unter Druck setzt.
[…] ist es schon ein Jahr her, dass ich euch hier, hier und auch hier von unserer Eingewöhnung im Kindergarten berichtet habe. EIN GANZES JAHR!!! Als ich […]
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